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Karlspreisverleihung 2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, Sie im Krönungssaal unseres Rathauses zu begrüßen und heiße Sie herzlich willkommen zur Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen 2024 an den Präsidenten der Konferenz der europäischen Rabbiner (CER), Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, und die jüdischen Gemeinschaften in Europa.

Es ist mir eine große Freude, den Karlspreisträger 2024, den Präsidenten der Konferenz der europäischen Rabbiner (CER), Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, gemeinsam mit seiner Ehefrau (und Familie) begrüßen zu dürfen.

Meine Damen und Herren Exzellenzen,

herzlich willkommen Ministerpräsident Rama, der heute mit den Ministerinnen Ogerta Manastirliu und Elisa Spiropali nach Aachen gereist ist.

Es ist mir eine besondere Freude den Vizekanzler Dr. Robert Habeck in unserer Mitte zu begrüßen.

Mein persönlicher Dank gilt Ihnen beiden, Ministerpräsident Rama und Vizekanzler Habeck, für die Bereitschaft die Festreden zu Ehren unseres Preisträgers zuhalten.

Die zahlreichen ehemaligen Träger*innen des Karlspreises sind uns immer wieder herzlich willkommen, heute begrüße ich unter uns: Pat Cox, Dr. Jean-Claude Trichet, Dalia Grybauskaite und Martin Schulz sowie unsere belarussischen Preisträgerinnen: Swetlana Tichanowskaja, Veronica Tsepkalo und Tatiana Khomich, die ihre Schwester Maria Khalesnikava hier vertritt, von der wir seit über einem Jahr  kein Lebenzeichen mehr haben.

Für unser Land Nordrhein-Westfalen darf ich Ministerpräsident Hendrik Wüst herzlich begrüßen sowie die früheren Ministerpräsidenten unseres Landes Jürgen Rüttgers und Armin Laschet. Und einen weiteren Ministerpräsidenten haben wir heute in unseren Reihen, Oliver Paasch, den Ministerpräsidenten der deutschsprachigen Gemeinschaft.

Ich freue mich über die Anwesenheit von S. E. Dragoș Hotea, Staatssekretär in der Kanzlei des Premierministers von Rumänien.

Einen besonderen Willkommensgruß richten wir an den Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mit seinem Vizepräsidenten, Abraham Lehrer, und der Präsidentin der Jüdischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Frau Charlotte Knobloch.

Weiterhin begrüßen wir Bischof Helmut Dieser und Bischöfin Fehrs, sowie alle Vertreter der Kirchen und Glaubensgemeinschaften.

Ihre Exzellenzen, die Botschafterinnen und Botschafter aus der Ukraine, Albanien, Italien und Kroatien, sowie alle Mitglieder des Konsularischen Korps, heißen wir willkommen.

Aus dem Landtag Nordrhein Westfalens begrüße ich die Vizepräsidentin des Landtags, Berivan Aymaz sowie die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur, die Minister Herbert Reul, Oliver Krischer und Nathanael Liminski und mit Ihnen alle Abgeordneten aus Landtag, Bundestag und dem Europäischen Parlament. Schön, dass Sie da sind.

Ich begrüße die Mitglieder der Gremien unseres Karlspreises mit Herrn Oberbürgermeister a.D. Jürgen Linden an der Spitze des Karlspreis-Direktoriums. Heute stehen wir hier vereint, um eine außergewöhnliche Persönlichkeit zu ehren.

 

„In Würdigung seines herausragenden Wirkens für den Frieden, die Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte: für Toleranz, Pluralismus und Verständigung, und in Anerkennung seines bedeutenden Engagements für den interreligiösen und interkulturellen Dialog ehrt das Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen im Jahr 2024 den Präsidenten der Konferenz der europäischen Rabbiner, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, und gemeinsam mit ihm die jüdischen Gemeinschaften in Europa.“ So steht es in der Begründung des Direktoriums.

Mit tiefem Respekt zeichnen wir heute Pinchas Goldschmidt aus, der, wie kein anderer für den Dialog und die Überwindung von Grenzen zwischen Religionen und Völkern steht. Diese Auszeichnung steht für die Anerkennung seiner Verdienste, sie steht für unsere Entschlossenheit, gegen Antisemitismus und jede Form von Ausgrenzung einzustehen.

In einer Zeit, in der sich Jüdinnen und Juden in unserem Land nicht selbstverständlich sicher fühlen und offen angegriffen werden, ist jeder und jede Einzelne gefordert, dagegen aufzustehen.

Aufzustehen, damit sich die Schrecken der Vergangenheit nie wiederholen.

„Nie wieder“!!!  

Wir erinnern an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte, an Repressionen und an den Holocaust und unternehmen alles, um nie wieder in eine solche Barbarei zurückzufallen. Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs und insbesondere nach dem Ende des Kalten Krieges ist unsere Demokratie immer stärker geworden.

Europa ist in den Jahrzehnten zusammengewachsen in Freiheit, Menschlichkeit und Frieden.

Das Fundament unseres Zusammenlebens, unser Grundgesetz, wird in wenigen Tagen 75 Jahre alt. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sind wir in Deutschland und in Europa besonders stolz auf dieses starke Fundament.

Das Grundgesetz gibt allen Menschen unverhandelbare Grundrechte. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so heißt es im ersten Paragraphen.

Die Botschaft ist klar: Jeder Mensch ist wertvoll und hat seinen festen Platz in unserer Gemeinschaft, unabhängig von seiner Herkunft. Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht über sein Leben selbst zu bestimmen. Seine Meinung zu sagen. Und zu wählen.

In wenigen Wochen wählen wir das Europäische Parlament, unsere gemeinsame starke demokratische Stimme. Die Grund-Rechte gelten für alle Menschen. Dazu gehört auch die Religionsfreiheit.

Dabei ist der interreligiöse Dialog, der Austausch mit Andersdenkenden und Andersglaubenden eine wichtige Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander und unbestreitbar notwendig. Es sind die Menschen in ihrer Vielfalt vor Ort, die Europa leben. Es sind die Menschen, die in den vergangenen Monaten und auch jetzt noch auf die Straße gehen und für ihre Überzeugungen eintreten, sich für ein friedliches Leben einsetzen und Extremisten eine deutliche Absage erteilen.

Unsere Demokratie lebt von den Menschen, die dafür aufstehen. Besonders hier in Aachen stehen wir heute, morgen und in Zukunft für unsere Werte ein. Wir gestalten die Demokratie selbst, wählen demokratisch, beziehen Position. Wir sind bunt, vielfältig und friedlich. Jeder Mensch ist in Aachen willkommen, egal wo er herkommt.

Wir stehen ein für eine Gesellschaft der Solidarität. Für eine Gesellschaft der Vielfalt, der fairen Chancen für alle. Für eine Gesellschaft des Zusammenhalts. Doch noch immer existieren in unserem Alltag Zusammenhänge zwischen Hautfarbe und Chancen auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, sozialer Herkunft und Bildungsmöglichkeiten, Geschlecht und fairer Bezahlung. Da muss Politik genau hinsehen, sich selbst hinterfragen, und dafür sorgen, dass alle Menschen unter fairen Voraussetzungen ein gutes Leben führen können.

Der Jugendkarlspreis zeigt uns jedes Jahr eindrücklich, wie junge Menschen ihre Zukunft in einem friedlichen Europa gestalten wollen. Akvile Latozaite, Lou Borderie und Jonas Altmann sitzen hier nicht zufällig mit auf dem Podium. Sie sitzen hier, weil sie sich tatkräftig und mutig in politische Prozesse einbringen und sich aus tiefstem Herzen für Europa einsetzen. Gerade das ist ein nicht immer bequemer Weg. Sie wissen aber auch, dass wir mehr streiten müssen, um gemeinschaftlich zu guten Entscheidungen zu kommen. Sie engagieren sich heute aus Überzeugung, weil sie erkannt haben, dass es sich lohnt, sich für eine gerechte und friedliche Welt einzusetzen.

Für Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – genau dafür steht auch der Karlspreis. Diese Werte zu verteidigen und die Einigkeit in Europa in Frieden und Freiheit, sichert die Zukunft unserer Kinder und Enkel.

Seit einigen Jahren jedoch erleben wir mit großer Sorge ein Erstarken autokratischer Systeme in der Welt. Tausende unschuldige Menschen werden misshandelt, gefoltert, vertrieben, getötet. Wir bekommen jeden Tag auf erschütternde Weise vor Augen geführt, dass es weltweit zunehmend Kräfte gibt, die unsere Werte nicht teilen. Die anstelle von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auf staatliche Willkür, Unterdrückung und die Verletzung elementarer Menschenrechte setzen. Die Bilder vom Leid der Menschen aus Syrien, der Ukraine oder aus dem Gazastreifen erschüttern uns, wie uns die Bilder des Massakers an jüdischen Menschen erschüttert haben, dass die Hamas am 7. Oktober angerichtet hat. Kinder, Frauen, Männer, Alte und kranke Menschen erfahren seitdem unbeschreibliches Leid. Sie sind jeden Tag schutzlos Grausamkeiten und Verbrechen ausgeliefert. Pinchas Goldschmidt schaut nicht weg. Er setzt klare Worte. Anlässlich eines Treffens mit Papst Franziskus im November 2023 sagte er: „Wir sind für den Frieden. Wir glauben an das Selbstbestimmungsrecht von jedem Volk. [...]

Wir hoffen, dass die zivile Bevölkerung so wenig wie möglich an diesem Krieg leidet. Wir beten für sie, und wir hoffen, dass der Frieden zurückkommt, in den Nahen Osten, im Heiligen Land und auch in Europa“. Die stetigen diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand im Nahen Osten geben mir Hoffnung auf eine dauerhafte Friedenslösung.

Mich ermutigt dabei das Engagement von Oberrabbiner Goldschmidt, der als geistliches Oberhaupt deutlich seine Stimme für Frieden und Gerechtigkeit erhebt.

Und es ist folgende Aussage Goldschmidts, die seinen Anspruch, religions- und grenzübergreifend im Dialog mit den Menschen die besten Lösungen zu finden, eindrücklich unterstreicht: „Heute mehr denn je ist Dialog notwendig, um sicherzugehen, dass dieses Jahrhundert nicht wie das letzte in Blutvergießen und Krieg, in Verzweiflung und Hass gipfelt.“

Seine unerschütterliche Haltung gegen den radikalen Extremismus und sein Einsatz für den interreligiösen Austausch sind für uns beispielhaft.

Goldschmidts Worte zeigen uns, dass wir mit dem Dialog den Schlüssel zum Frieden in Händen halten. Seine Vision von einem Europa und einer Welt, die von Verständnis, Respekt und Zusammenarbeit geprägt sind, ist eine, die uns alle verbindet.

Heute ehren wir nicht nur eine Einzelperson, sondern auch die Vielfalt und die reiche kulturelle Tradition der jüdischen Gemeinschaften in ganz Europa. Jüdisches Leben ist ein selbstverständlicher Teil unserer europäischen Identität und wird es immer sein. Lassen Sie uns gemeinsam weiterhin für Frieden und Toleranz kämpfen, lassen Sie uns mehr miteinander reden und so mehr Brücken zwischen den Kulturen und Religionen bauen!

Mit der Auszeichnung Goldschmidts setzt das Karlpreisdirektorium seinen Weg des Einsatzes für Frieden, Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte weiter fort und schließt damit unmittelbar an das Erbe der Gründerväter an.

Wir brauchen mehr Menschen wie Goldschmidt, die sich für Frieden, Freiheit und Dialog einsetzen und uns ein Vorbild sind.

Ich bin überzeugt, dass diese Auszeichnung ein weiterer Schritt auf unserem Weg zu einer sicheren und friedlichen Zukunft sein kann.

Vielen Dank

 

10.05.2024