Pure Begeisterung: Die Initiative „Open Sunday“
- 120 Kinder stürmen jeden Sonntag die Turnhallen von drei Grundschulen, um sich drei Stunden auszutoben.
- Die Initiative wurde vom Landessportbund für 2021 und 2022 gefördert und alle Beteiligten hoffen nun auf eine Verstetigung des Angebots.
- Die ausgiebige Bewegung am Sonntag macht die Kinder ruhiger und ausgeglichener im Schulalltag.
Kinder, Coaches und Initiatoren: Alle sind begeistert von „Open Sunday“. Foto: Stadt Aachen/Andreas Herrmann
„Die Begeisterung der Kinder“, darüber freuten sich alle Erwachsenen, die sich gestern (Sonntag, 24. April) in der Katholischen Grundschule Düppelstraße vom Erfolg der Initiative „Open Sunday“ überzeugt haben. Kinder brauchen Spielräume, zum Austoben, Bewegen, Spielen – besonders in Sozialräumen in denen es manchmal auch eine Benachteiligung gibt, sei es, weil geeignete Sportvereine fehlen, die Elternhäuser keine Bezüge zum klassischen Vereinsleben haben und die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen nicht gegeben sind. Hier setzt die Initiative „Open Sunday“ an, die durch den „Aachener Förderverein Integration durch Sport“ umgesetzt wird: Kinder haben an Sonntagen die Möglichkeit, sich drei Stunden in städtischen Turnhallen dreier Grundschulen intensiv zu bewegen, gemeinsam Sport zu treiben, sich auszupowern – alles in Begleitung von ausgebildeten Coaches. „Die ganz große Stärke des Projekts ist dieser absolut niederschwellige Zugang. Und die Coaches kommen oft aus dem gleichen Viertel wie die Kinder, sind also auch eine Art Vorbild“, lobt Dr. Markus Kremer, Beigeordneter der Stadt Aachen für Personal, Feuerwehr und Sport, die Initiative.
Sportdezernent Dr. Markus Kremer überzeugt sich aus erster Hand vom Erfolg des Projekts. Foto: Stadt Aachen/Andreas Herrmann
Förderprogramm „Sportplatz Kommune“
Die Initiative ist Teil des Förderprogramms „Sportplatz Kommune“ der Staatskanzlei NRW und wurde über den Landesportbund NRW finanziell mit jeweils 10.000 Euro für 2021 und 2022 als Anschubfinanzierung unterstützt. Gut angelegtes Geld, ist Stefan Klett, Präsident des Landessportbunds NRW, überzeugt: „Wir müssen die soziale Komponente des Sports viel weiter in den Vordergrund rücken und den Sport außerhalb des Vereins stärken.“ Da läuft er auch bei Petra Prömpler, der Leiterin des städtischen Fachbereichs Sport offene Türen ein: „Der neue Sportentwicklungsplan, den wir gerade vorbereiten, wird den Sport eng mit der Sozialentwicklungsplanung verknüpfen.“
Positive Auswirkungen auf den Schulalltag
Zwischen gemeinsamen Spielen haben die Kinder die Möglichkeit, sich an freiwählbaren Stationen wie z. B. einem großen Rollbrettparcours oder beim Kleinfeldhockey richtig auszutoben. Um den Kindern vielfältige Bewegungsmöglichkeiten zu bieten, dürfen Stationen zum Schwingen, Schaukeln und Springen, sowie Stationen zum Thema „Bewegungskünste“, wie Jonglage und Akrobatik, nicht fehlen. Ausgedacht hat sich das Konzept – das es ähnlich bereits in Essen gab – Projektleiter Stephan Mayer vom „Aachener Förderverein Integration durch Sport“: „Viele der Kinder haben oft kaum Möglichkeiten, Sport zu treiben und hängen dann sonntags Zuhause rum“, weiß er. Dabei würde das Auspowern am Sonntag sich auch auf den Schulalltag in der Woche positiv auswirken, die Kinder seien einfach ausgeglichener. Die drei intensiven Stunden Bewegung fördern das soziale Miteinander – sowohl der Kinder untereinander, aber auch mit den Coaches. Dies kann die Schulleiterin Ruth Wörmann nur bestätigen: „Unsere Kinder sind an diesen Nachmittagen verschwitzt, strahlend und glücklich. Und sie sind am Montag viel ruhiger.“
Mehr als Ballspiele: Schwingen, Schaukeln, Klettern – die Bewegungsmöglichkeiten bei „Open Sunday“ sind vielfältig. Foto: Stadt Aachen/Andreas Herrmann
Der stellvertretende Vorsitzende des „Aachener Förderverein Integration durch Sport“ und Bürgermeister Holger Brantin lobt das Engagement der Grundschulen: „Ich bin dankbar für die tolle Kooperation. Und ich bin überzeugt, dass eine solche Initiative die Kinder durchaus motivieren kann, weiter Sport zu treiben, vielleicht doch in einen Sportverein zu gehen.“ Johannes-Elmar Kugel, Sportdezernent der Bezirksregierung Köln hofft, dass das Projekt weiterlaufen kann – auch über 2022 hinaus: „Danke an die Menschen, die das hier vor Ort möglich machen. Wir müssen ein solches Angebot verstetigen und nachhaltig machen. Corona hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass Kinder sich bewegen können.“
Die Initiative
Der Förderverein setzt die Initiative derzeit gemeinsam mit vier Grundschulen in drei Turnhallen um. Rund 120 Kinder nehmen jeden Sonntag teil. Dies soll ausgeweitet werden. Die Corona-Pandemie hatte eine komplette Umsetzung nicht möglich gemacht. Die Pilotgrundschule Mataréstraße hat im August 2020 das Projekt gestartet, musste aber schon im Oktober 2020 eine „Pandemiepause“ einlegen. Ab dem Frühjahr 2021 ging es dann dort und mit drei weiteren Grundschulen weiter, unter Pandemiebedingungen: Es musste feste Gruppen und Teilnehmer*innenlisten geben, sodass es bisher nur innerhalb der jeweiligen Grundschule umgesetzt werden konnte. In der Düppelstraße kommen derzeit die Kinder aus den dritten und vierten Schuljahren. Nun sollen bald auch die Zweitklässler mitmachen dürfen. Die stehen schon ungeduldig in den Startlöchern, sind doch die Kinder die besten Botschafter*innen des Projekts, die ihre Begeisterung an die anderen weitergeben. Schritt für Schritt könnte – soweit es die Kapazitäten zulassen – die Initiative irgendwann als offenes, kostenloses und niederschwelliges Angebot für Kinder der ersten bis sechsten Klasse ausgeweitet werden.
Coaches als Vorbilder
Über die Bewegung der Kinder hinaus soll das freiwillige Engagement von Jugendlichen und Studierenden für Spiel, Sport und Bewegung mit Kindern gefördert werden. Die Coaches sind für die Kinder ein Vorbild, denn oft sind es Jugendliche und junge Erwachsene aus demselben räumlichen und sozialen Umfeld, die auch häufig aus den gleichen Viertel wie die Grundschüler*innen stammen. Es sind aber auch Studierende und Berufstätige, die ihre Freizeit am Sonntag gerne für die Kinder bereitstellen. Einige waren schon Übungsleiter*innen, andere haben sich bereit erklärt, den Übungsleiter*innenschein zu machen, viele davon sind auch bei den integrativen Jugendcamps des „Aachener Fördervereins Integration durch Sport“ eingebunden. Viel Lob gab es vom Präsidenten des Landessportbunds, Stefan Klett: „Integration und Inklusion im Sport stehen in Aachen ganz weit vorn, das ist wirklich beispielhaft.“