Warum ist der Wald so unaufgeräumt, warum steht und liegt hier so viel totes Holz herum? Ist der*die Förster*in unordentlich und sind die Waldarbeiter*innen faul? Das ist doch exzellentes Brennholz!
Sie ahnen es schon, das ist Absicht. Wenn man in unserem Waldstück ein Totholzvolumen von etwa 10 m³ pro Hektar annimmt, kann man davon ausgehen, dassin einem Urwald das zehn- bis zwanzigfache an Totholz steht und liegt. Man kann tatsächlich sagen, dass die Anwesenheit von Totholz einer der Indikatoren ist, die die Natürlichkeit eines Waldes definieren.
Der Wald befindet sich in einem Kreislauf. Nährstoffe und vor allem Kohlenstoff zirkulieren. Beim Entstehen des Holzes durch die Photosynthese werden unter Einfluss von Licht aus dem Kohlenstoffdioxid der Luft und Wasser Zuckermoleküle gebildet. Diese enthalten Kohlenstoff und sind miteinander so verknüpft, dass sie die verschiedenen Bestandteile des Holzes bilden.
Bäume sterben irgendwann. Sie werden zersetzt. Pilze greifen das Holz an. Auch Gliederfüßer (das sind zum Beispiel Insekten, Spinnen, Asseln, Tausendfüßer etc.) helfen beim Recycling des Baumkadavers. Der Kohlenstoff, der im Baum gespeichert war, verbindet sich mit dem Sauerstoff der Luft wieder zu Kohlenstoffdioxid. Dabei wird Energie frei, die die Tiere und Pilze benutzen, um zu leben.
Die Lebensgemeinschaften dieser Organismen ändern sich mit der Zeit. Man spricht von Sukzession, also zeitlicher Abfolge. Wenn man einen Baum über die Zeit seiner Zersetzung beobachtet, kann man eine charakteristische Abfolge von Pilzen und Insekten beobachten. Es gibt z.B. Unterschiede bei stehenden und liegenden Bäumen unter anderem wegen der Feuchtigkeit, die auf den Baum einwirkt. Liegende Bäume verrotten schneller als stehende und es herrscht bei stehenden Bäumen ein Gradient der Feuchtigkeit von oben nach unten. Das trockene Holz oben am Stamm verrottet nicht so schnell wie der untere Teil.
Viele Pilze und Gliederfüßer sind auf totes Holz als Lebensraum und Nahrungsquelle angewiesen. Von diesen Gliederfüßern wiederum leben andere Tiere, beispielsweise Spechte. Die Höhlen der Spechte sind Wohnraum für Höhlenbewohner wie Hohltaube, Bienen, Fledermäuse und viele mehr. Man sieht also: Ohne Totholz fehlt dem Wald etwas. Oder anders ausgedrückt: Das Ökosystem Wald wäre ohne Totholz nicht intakt.