Infoveranstaltung zum Haus der Neugier: Ein Start voll Optimismus und lebhafter Diskussionen
- Das Haus der Neugier soll 2028 fertig sein, doch es entwickelt mit dem Bürger*innen-Treff im Alten Kurhaus bereits Persönlichkeit und Gesicht.
- Dirk Lange vom Architekturbüros Kadawittfeld führt das Publikum Ebene für Ebene durch die vorgesehenen „Lebensräume“ des Hauses.
- Der Kaufvertrag steht vor der Unterzeichnung. „Diese Entscheidung beweist den Mut, hier Zukunft zu gestalten“, erklärt Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen und verspricht: „Die Inhalte sollen sich nach den Bedürfnissen der Menschen richten.“
Was für ein Abend im Ballsaal des Alten Kurhauses: Die Planer*innen zeigen sich euphorisch und optimistisch, die Gäste im Zuschauerraum – darunter auch Männer und Frauen aus Kultur und Verwaltung – hören atemlos zu und beteiligen sich schließlich lebhaft an einer spannenden Diskussion. Das entstehende Haus der Neugier hat sie wirklich geweckt – die Neugier, zugleich viel Hoffnung. Es ist ein in jeder Hinsicht enormer Brocken, mit einer Summe in Höhe von 100 Millionen Euro das gewichtigste Bauprojekt im Aachen der Nachkriegsgeschichte.
Die Veranstaltung vermittelt von Anfang an die Kraft und den Willen, den mächtigen Komplex im Herzen der Stadt, der einst Kaufhaus Horten, danach „Lust for Life“ beherbergt hat, in ein neues, offenes, für alle vitales Leben zu führen. Kernpunkt ist die Verbindung von Volkshochschule Aachen unter der Leitung von Beate Blüggel und der Stadtbibliothek, in der Leiterin Doris Reinwald bereits ein vielschichtiges Angebot entwickelt hat. „Da wird es keine Trennlinie im neuen Haus geben“, versichert Beate Blüggel. „Vieles können wir zusammen noch besser gestalten.“
Vertrag steht vor der Unterzeichnung
Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen wirft nach einem Willkommen und vielen Dankesworten zum Start in den Abend einen interessanten Blick zurück, bevor man sich der Zukunft zuwendet. „Dieser Ort hier war stets belebt, das Who-is-Who Europas begegnete sich“, erinnert sie an das gesellschaftliche Leben, unter anderem im Alten Kurhaus. Ab Anfang der 60er-Jahre bietet das über der Rosenquelle errichtete Kaufhaus Horten vielfältigen Kaufanreiz, in den 70er Jahren ist der nahegelegene Bushof ein mutiger Bau der Moderne. 1980 zieht die Stadtbibliothek in ihr neues Domizil an der Couvenstraße. Und dann? Vernachlässigung, ein problematisches Umfeld, ein Kaufhaus, das sich verabschiedet. Lichtblick? „Die Machbarkeitsstudie, die 2022 in Auftrag gegeben wurde und die gemeinsame Chance von VHS und Stadtbibliothek bestätigt“, berichtet Sibylle Keupen. Nun wird ganz neu gedacht: Nicht nur das Haus der Neugier entsteht, am Bushof soll es zukünftig bezahlbaren Wohnraum geben.
Das umfangreiche Vertragswerk zum Haus der Neugier ist vorbereitet und wird unterzeichnet, versichert die Oberbürgermeisterin mit Freude. „Diese Entscheidung beweist den Mut, hier Zukunft zu gestalten“, sagt sie und verspricht: „Inhalte sollen sich nach den Bedürfnissen der Menschen richten. Sicher wird es viele Wege geben, Fördermittel einzuwerben.“ Freiflächen im Parterre sollen nach Möglichkeit vermietet werden.
Ein Statement für Bildungsgerechtigkeit und Flexibilität
Und dann kommen sie alle zu Wort, darunter die Beigeordneten Frauke Burgdorff und Heiko Thomas, gut vorbereitet, gut gelaunt; auch Kulturdezernent Heinrich Brötz, der von der Wiedereröffnung einer Grundschule einen für das entstehende Projekt sinnigen Vers mitbringt. „So wie du bist, so bist du gut, hier kannst du in deinen Farben leuchten.“ Das Haus sei nicht zuletzt ein Baustein auf dem Weg zur Bildungsgerechtigkeit, ein Statement für Flexibilität. Was zurzeit konkret passiert: „Wir erarbeiten ein Sicherheitskonzept, sprechen über Öffnungszeiten“ erklärt Brötz. Gleichfalls ein Energiekonzept ist in Arbeit. Photovoltaik? Klar. Fassadenbegrünung? Noch nicht klar.
Je weiter der von Journalistin Gisela Steinhauer kenntnisreich und charmant moderierte Abend fortschreitet, umso mehr hätte man Lust, die Fenster des Saals zu öffnen und bereits durch die Dynamik aller Beteiligten das noch traurige Gebäude zu beleben. An dem Abend ist es tatsächlich gelungen, all jene auf die Bühne zu holen, die etwas sagen, erklären und beurteilen können.
Immerhin: Das Haus der Neugier soll 2028 fertig sein (ein ehrgeiziger Plan), doch es entwickelt mit diesem Bürger*innen-Treff im Alten Kurhaus bereits Persönlichkeit und Gesicht. Und damit die Neugier frisch bleibt, sprengen Theater K und die Zirkus-Gruppe Crumble Club mit Ausschnitten aus ihrer Produktion „Schluss!Verkauf“ vielfach die sachlichen Beiträge. Da schwebt Annette Schmidt als überdrehte Kaufhauschefin im hellen Hosenanzug über die Bühne und verteilt Duftspray, schwärmt Jonas Leiblin als einstiger Rolltreppen-Page von der Magie jenes Vehikels, das die Kaufwilligen dem Alltag entführt und zum Schönen hinaufhebt. Barbara Portsteffen ist als einstige Verkäuferin die Fassungslosigkeit in Person. Unglaublich: kein Kaufhaus mehr. Die jungen Leute von Crumble Club bieten Akrobatik vom Feinsten, schließlich sogar rebellierende Schaufensterpuppen.
Ermutigende Kommentare der Fraktionen
Rebellion im Publikum gibt es nicht, im Gegenteil. Neben den praxisorientierten Fragen hört man immer wieder hoffnungsvolles Lob, und sogar Gisela Steinhauer betont: „Ich lebe in Köln und Berlin, aber ich werde demnächst alle nach Aachen schicken.“ Auch die Vorsitzenden sämtlicher Ratsfraktionen werden mit ermutigenden Kommentaren per Video eingespielt – die Entscheidung für das Haus der Neugier ist schließlich fraktionsübergreifend.
Bis zur Eröffnung muss noch so manches umgesetzt werden, was Dirk Lange, Mitglied im Team des Architekturbüros Kadawittfeld, anhand detailreicher Planungszeichnungen geduldig erklärt. Ebene für Ebene führt er das Publikum durch Lebensräume, die in Zukunft die Menschen aufnehmen – Sprach-Feld (Literatur, Kommunikation, Sprachen, Interkulturelles), Arbeits-Feld (Co-Working, IT-Plätze), Spiel-Feld (Kunst Musik, Kreativität, Angebote für Kinder und Jugendliche), Streit-Feld (Debatten, Open-Space, Politik, Film), Lebens-Feld (Ernährung, Sport, Klima, Gesundheit) und Frei-Feld (Ankommen, Forum, Café). „Ist denn auch eine Zone der Ruhe und Stille vorgesehen?“, fragt eine Zuschauerin. Und ja, das gibt es, gleichfalls einen Blick vom Dach, wo ein Café entstehen soll, vier Aufzüge und zahlreiche Eingänge von allen Seiten, und es wird nachhaltig geplant. So lässt sich das 45 Grad heiße Wasser der Rosenquelle zum Heizen nutzen. „Eine Offenlegung ist nicht möglich“, bedauert Dirk Lange.
Das Haus soll leben und sich weiterentwickeln
Dann besteht nochmals die Gelegenheit für Beate Blüggel und Doris Reinwald ins Detail zu gehen und sich damit über den „erweiterten Stadtraum“ zu freuen, der sogar Fahrradgaragen für 250 Drahtesel und einen Kinderwagen-Parkplatz bieten wird. Die Rolltreppe, das „schnurrende“ Wesen mit eigenwilligem Charakter, wie es der Rolltreppen-Page des Theater K nennt, ist Vergangenheit und längst einer Art Zick-Zack-Linie gewichen, die aufwärts führt im Haus der Neugier.
Und der Name? Der „Weg der Neugier“ war für Beate Blüggel und Doris Reinwald die beste Richtung. Allein das „neu“ im Begriff „Neugier“ ermutige mehr als das verpflichtende „Wissen“. Dazu erklärte Doris Reinwald mit viel Begeisterung: „Neugier ist etwas, was lebt, was sich entwickelt. Dieses Haus soll ja leben. Und es soll sich immer weiterentwickeln. Neugier ist etwa, was gegenseitig ist. Genauso wie ich mir wünsche, dass Menschen in dieses Haus kommen und neugierig darauf sind, was alles in diesem Haus geboten wird, so wichtig ist es auch, dass wir aus diesem Haus neugierig rausgucken.“ Und Sibylle Keupen fragt in die Runde: „Dennoch möchten wir Sie auch fragen, ob Sie den Titel genauso spannend finden wie wir, oder ob Sie eine bessere Idee haben? Was sehen Sie in dem Haus? Darüber möchten wir mit Ihnen nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen sprechen.“
Die Veranstaltung vom 3. April 2025 wurde aufgezeichnet und ist unter folgendem Link abrufbar: www.youtube.com/watch?v=0lPapfWeh9E
www.hausderneugier.de gibt Einblick in die Machbarkeitsstudie und den Ratsbeschluss. Sie wird kontinuierlich über die Planungs- und Baufortschritte informieren.
Herausgegeben am 07.04.2025