Theater unter freiem Himmel
„Theater, Theater, der Vorhang geht auf, dann wird die Bühne zur Welt.“ Was die Sängerin Katja Ebstein hier besingt, konnten viele Menschen beim Open Air Theater im Kennedy Park hautnah erleben. Denn mit gleich drei Theaterstücken ließen die Schauspielerinnen und Schauspieler des DasDa-Theaters die Zuschauer reichlich Bühnenluft schnuppern. Und das unter freiem und trockenem Himmel. Die grauen Wolken sahen zwar nach Regen aus, aber anscheinend hatte Petrus selbst Spaß an dem Spektakel und verschonte die Öcher vom Regen.
Foto: Stadt Aachen
Los ging es mit dem Familienstück „Irgendwie Anderes“ mit Live-Musik von Kathryn Cave und Chris Riddell. Die Geschichte erzählt von einem Wesen, das dem Titel entsprechend einfach irgendwie anders ist. So sehr es sich auch bemüht, wie die anderen zu sein: Es kann nicht so toll tanzen wie die beiden Hasen, nicht so schön singen wie die zwei Affen. Und auch der Babystrauß lässt sich von seinem Vater überreden, nicht mehr mit „Irgendwie Anders“ zu spielen. Eine bekannte Situation für Kinder. Die Geschichte eines Außenseiters wirbt kindgerecht für Toleranz mit jenen, die „irgendwie anders“ sind. Sie wurde dafür mit dem UNESCO-Preis für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet. Nach langem Applaus wurden die mitgebrachten Picknick-Decken kurz zusammengelegt und es gab erst einmal eine Verschnaufpause, in der sich die Kinder auf der Hüpfburg um beim Bungee-Jumping richtig auspowern konnten. Mit viel Neugierde und Vorfreude ging es am Nachmittag mit dem Familienstück „Lippels Traum“ von Paul Maar weiter. Philipp, der von allen nur Lippel genannt wird, hat einen Traum. In einem Palast im fernen Orient begegnet er dem königlichen Geschwisterpaar Hamide und Asslam, die durch eine Hinterlist ihrer bösen Tante vom eigenen Vater aus dem Palast verbannt werden. Nacht für Nacht träumt Lippel das Abenteuer weiter und wird bald selbst Teil der Geschichte. Wobei sich die Frage stellt, ob es wirklich nur eine Geschichte ist, oder doch eher die beiden neuen Mitschüler aus Marokko, mit denen sich Lippel angefreundet hat. Paul Maar erzählt eine warmherzige und humorvolle Geschichte mit viel Live-Musik und tollen Abenteuern, die nicht nur die kleinen Zuschauer begeisterte.
Foto: Stadt Aachen
Mit „Macho Man“ von Spiegel-Besteller Autor Moritz Netenjakob und in der Bühnenfassung von Gunnar Dreßler wurde es am Abend temperamentvoll. Junge und ältere Theaterfans vieler Kulturen versammelten sich auf der Wiese und brachten Wein, Brot und andere Leckereien mit. Gemeinsam verfolgten sie die Geschichte vom schüchternen Daniel, der im Türkeiurlaub die bezaubernde Aylin kennen lernt und sich unsterblich in sie verliebt. Als sie sich tatsächlich auch für ihn interessiert, schwebt er im siebten Himmel. Schnell wird Daniel aber wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als er – zurück in Deutschland – ihre türkische Großfamilie kennenlernt, die in Köln wohnt. Soll er über Griechen-Witze lachen? Und was tun, als er ins Männercafé eingeladen wird und dann auch noch in die türkische Disko? „Macho Man“ beleuchtet auf höchst amüsante Art und Weise das deutsch-türkische Verhältnis und nimmt nebenbei auch Daniels intellektuelle Alt-68er-Eltern aufs Korn. Drei Theaterstücke, drei Inhalte und ein einstimmiges Fazit: „Super“, sagte Zuschauer Mario Douven. „Heute war für alle etwas dabei. Die beiden Familienstücke boten perfekte Kinder -und Familienunterhaltung und „Macho Man“ war genau das Richtige für eine lockere Abendunterhaltung. Durch diese Aktion erreicht man vielleicht auch Menschen, die sonst nicht ins Theater gehen – sie bekommen dadurch sicherlich Lust auf „mehr“. Denn die Atmosphäre hier ist total angenehm“, betonte er weiter und packte seine Picknickdecke ein.