Die geschichtliche Entwicklung des Feuerschutzes der Stadt Aachen
Die Entwicklung innerhalb der Stadt Aachen bis zum Jahre 1871
Die ersten Forderungen
Der Aachener Stadtbrand vom 2. Mai 1656
Die geschichtliche Entwicklung des Feuerschutzes der Stadt Aachen
So alt die Zivilisationsbestrebungen der Menschen sind, so alt ist auch der Kampf mit dem Feuer. Er gewann aber erst eine entscheidende Bedeutung, als die Menschen sich in großen geschlossenen Siedlungen, den Städten, zusammenballten. Von dem Feuerlöschen vor der Zeitenwende ist uns nichts bekannt geworden.
Wohl berichten uns die damaligen Geschichtsschreibern von einem Griechen, der ca. 250 Jahre vor Chr. ein Wasserpumpwerk erfunden hat, sowie von seinem Schüler Heron, welcher dieses Pumpwerk mit einem Windkessel und Wenderohr versehen haben soll - daher der Name „Heronsball“ - ob aber dieses Wasserpumpwerk zum Feuerlöschen gebraucht wurde, ist nicht berichtet. Nur von den Römern wird uns von der Organisation von öffentlichen Löschanstalten berichtet.
Kaiser Augustus errichtete in der Hauptstadt Rom, die zur Zeit Christi Geburt 2 Millionen Einwohner gezählt haben soll, 7 Kohorten Scharwächter (vigiles), denen neben dem Sicherheitsdienst auch der Feuerschutz übertragen war. Wie sie aber ihre Arbeit durchführten, welche Geräte und sonstige Einrichtungen sie zum Feuerlöschen zur Verfügung hatten, ist nicht bekannt. Es ist daher anzunehmen, daß auch bei der Feuerwehr in Rom, wie im ganzen Mittelalter bis in neuester Zeit, das Einreißen eine hervorragende Rolle gespielt hat. Auf germanischem Boden kann nirgendwo bis nach dem Ablauf des ersten Jahrtausends von einem öffentlichen Feuerlöschwesen gesprochen werden.
Es ist dies auch leicht erklärlich, da die alten Germanen nur ungern in geschlossenen Siedlungen wohnten. Sie lebten meist in Sippen zusammen, der Einzelbau herrschte vor. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude bestanden meist aus Holz, entweder in Form von Blockhäusern oder aus Holzfachwerk, das mit Holzflechtwerk ausgefüllt und mit Lehm beworfen war. Bei einem Schadenfeuer brannte eben das einzel liegende Gebäude ab, ohne die anderen Gebäude zu gefährden. Auch für die hauptsächlich in der Rheingegend und in Süddeutschland bestehenden Städte wie Köln, Trier, Mainz, Augsburg, deren Ursprung auf die Römer zurückgeht, lassen sich keinerlei Spuren eines Feuerschutzes nachweisen, obschon anzunehmen ist, daß er dort vorhanden war.
Aus Kaiser Karls Aachen ist uns nichts überkommen, daß auf einen behördlichen Feuerschutz zu dieser Zeit schließen läßt. Aber auch im sonstigen Deutschland vollzog sich im Mittelalter in der Besiedlung eine Wendung. Es war die Zeit der Städtegründungen. Die Bauweise blieb vorerst in der Hauptsache dieselbe. Da eine Bauvorschrift nicht bestand, baute jeder, wie er es am bequemsten und billigsten hatte. Dank des Vorhandenseins ausgedehnter Wälder war das Holz das Baumaterial, das in der Hauptsache Verwendung fand, sei es zum Bau von ganzen Gebäuden, sei es als Dachbedeckung aus Holzschindeln. Es blieb daher nicht aus, daß bei einem Schadenfeuer in einem solchen Hause, das Feuer sich meist auf die nächstliegenden Gebäude ausdehnte und bei dem Mangel an irgend-einer Organisation des Feuerschutzes ganze Städte bzw. Stadtteile dem Feuer zum Opfer fielen.
Viele solcher Brandkatastrophen sind uns bekannt, so aus dem 12. und 13. Jahrhundert die Stadtbrände von Regensburg, das in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts dreimal abbrannte. Weiter berichten die Annalen aus Lübeck, Wien, Frankfurt/M und Straßburg, welch letztere in kurzer Zeit achtmal vom Feuer zerstört wurde, über größere Brandkatastrophen. Heidelberg wurde 1278 vollständig vom Feuer zerstört. Auch unsere Vaterstadt Aachen wird von derartigen Brandkatastrophen nicht verschont geblieben sein; genau bekannt ist der Stadtbrand vom Jahre 1656, bei welcher die Stadt zu neun Zehntel ihres Bestandes vernichtet wurde.
Neben der leichten Bauweise müssen die Ursachen für derartige Katastrophen in der Hauptsache in dem Fehlen jedweder Organisation und dem Fehlen von Löschgerät und Löschwasser gesehen werden, um derartige Brände schon bei der Entstehung wirkungsvoll zu bekämpfen. Die Städte zogen nun die Lehren aus diesen Vorkommnissen und erließen sogenannte Feuerordnungen. Diese enthielten nicht nur Vorschriften über die eigentliche Feuerbekämpfung, sondern auch solche zur Feuerverhütung. So behandelten sie u.a. die Anlage der Feuerstätten, den Umgang mit Feuer und Licht usw. Hinsichtlich der Organisation enthielten sie Bestimmungen über die Lösch-pflicht der Einwohner, das Bereithalten von Wasser und Löschgerät, soweit damals die technischen Voraussetzungen hierfür gegeben waren. Bekannt sind noch die Feuerordnungen der Stadt Zwickau aus den Jahren 1348 und 1549, Erfurt von 1429, Lübeck von 1461, Wien 1534, Stettin 1546 und andere.
Diese Feuerordnungen enthielten im wesentlichen 3 Hauptteile:
1. Verhütung des Feuers
2. Bekämpfung des Feuers
• Vorbereitende Maßnahmen
• Einsatz bei einem Brande
3. Maßregeln nach dem gelöschten Feuer.
Diese Gesichtspunkte bilden auch heute noch die Grundlage für die Tätigkeit einer modernen und gut geleiteten Feuerwehr.
Es lag damals nicht an den behördlichen Maßnahmen und dem Einsatzwillen der Einwohner, daß ein durchschlagender Erfolg nicht beschieden war. Vielmehr fehlten zur Bekämpfung, besonders der schon größeren Umfang angenommenen Schadenfeuer, die Geräte, die für eine wirkungsvolle Arbeit bei der Brandbekämpfung nun einmal erforderlich sind. Auch für die Bereitstellung und die Heranschaffung genügender Wassermengen waren die technischen Voraussetzungen nicht vorhanden. Als Löschgeräte waren die Feuereimer, meist aus Leder oder Hanf, die Feuerleiter und der Einreißhaken vorhanden. Erst die Erfindung der Feuerspritze brachte hier eine Wendung.
Über die Herstellung der ersten brauchbaren Feuerspritze in Deutschland besteht Dunkel. Fest steht, daß im Jahre 1518 in Augsburg eine solche vorhanden gewesen ist, die von dem Goldschmied Anton Platner hergestellt worden war. Und erst rund hundert Jahre später, von 1602 ab, sind solche Feuerspritzen in Nürnberg, Leipzig und anderen süddeutschen Städten nachweisbar. Daß diese Pumpwerke noch sehr primitiv und nur bedingt für ihren Zweck brauchbar waren, ist selbstverständlich. Erst der Nürnberger Johann Hantsch brachte in dieser Zeit eine Spritze heraus, die ein Wenderohr besaß. Hierdurch war es möglich, von einem festen Standort aus nach allen Seiten Wasser zu geben. Eine weitere Verbesserung brachte die Erfindung des Windkessels, die einem Mechaniker Jakob Leupols in Planitz zugeschrieben wird.Aber erst die Erfindung des Feuerlöschschlauches im Jahre 1672 durch die Brüder van der Heyde, die als Generalbrandmeister in Amsterdam lebten, und die Einführung dieser sogenannten „Feuerschlangen“ schaffte die Möglichkeit, dem Feuer auch innerhalb der vom Brande betroffenen Gebäude zu Leibe zu gehen, was bis dahin mit den Feuerspritzen nicht möglich war. Die „Feuerschlangen“ waren bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts aus Leder hergestellt, bis sie durch gewebte Hanfschläuche verdrängt wurden. Auch in der Konstruktion der Feuerspritzen wurden weitere Verbesserungen erzielt, die zu den sehr leistungsfähigen Saug- und Druckspritzen führten, die auch heute noch in vielen ländlichen Gemeinden vorhanden sind.
Die Entwicklung innerhalb der Stadt Aachen bis zum Jahre 1871
Die Stadt Aachen machte in der Entwicklung des Feuerschutzes im Mittelalter bis in die neuere Zeit keine Ausnahmen. Nach Angaben des Stadtarchivs stammen die ersten aktenmäßigen Nachweise über das Feuerlöschwesen aus dem Jahr 1691. Das schließt nicht aus und ist es mit Sicherheit anzunehmen, daß schon vor dem großen Stadtbrand von 1656 Anordnungen der Stadtbehörde über Maßnahmen bei Ausbruch einer Feuersbrunst bestanden haben. So soll im Mittelalter innerhalb der Stadt eine Zunft der Sackträger bestanden haben, der gewisse Leistungen bei Feuersbrünsten zur Pflicht gemacht worden waren.
In einer Entscheidung des Rates der Stadt Aachen lesen wir folgendes:
Durch Entscheidung des Rates vom 11. Dezember 1691 wurde auf unterthänigstes Memoriale und Pitt der gesambter Directoren der Brandsprützen jedem Direktor jährlichs ein Ducat zur Recompens gegeben und zwar unter der Bedingung, daß sie zur Zeit unverhöffentlich entstehenden Brands sich bei Tag und Nacht fleißig und wachsamb bezeigen, auch die Wassersprützen viermal im Jahr besichtigen und also zurichten sollen, damit solche allenfalls prauchbar gefunden werden mögen.
Durch Beschluß des Rats vom 4. Januar 1692 wurden die genannten Directoren von der „bürgerlichen Wacht“ befreit, damit sie ihren Verpflichtungen in erhöhtem Maße nachkommen konnten.
Am 19. Juni 1692 thut ein ehrbar Rath denen angeordneten Directoren der Brandsprützen ahnstatt, daß ab der bürgerlichen Wacht befreit sein sollen, ahn Platz der zugelegten zwei Reichsthaler vier Reichsthaler jährlichs zulegen, mit dem Beding, daß ihr Ambt wohl versehen sollen, sonsten aber bei dessen Versäumnis und Entstehung Herren Bürgermeistern darinnen zu versehen haben, und ersagte Directores deswegen in Aydt genommen werden sollen.
Diese Ratsbeschlüsse belegen eindeutig, daß in den Jahren um 1691 und 1692 eine Brandordnung für die Stadt Aachen bestanden hat und nicht nur eine, sondern mehrere „Schlangen-Brandsprützen“ wie die Feuerspritzen damals genannt wurden, vorhanden gewesen sind. Auch enthalten die Akten des Archivs eine „Instructiv vom Gebrauch der Schlangen-Brandspritzen in Ungefall von Brand“.
Man kann hiernach sagen, daß der Rat und die Bürger der Stadt den Maßnahmen zur Bekämpfung von Feuersbrünsten große Bedeutung geschenkt und entsprechende Einrichtungen geschaffen haben. Die französische Verwaltung während der Fremdherrschaft (1799-1814) legte gleichfalls großen Wert auf ausreichenden Feuerschutz. So bestimmte sie unter dem 3. Dezember 1798 u.a.
„Die hiesigen patentirten Leyendecker und Schornsteinfeger sollen eine Brandkompagnie bilden, viermal im Jahr in der ersten Dekade eines jeden Jahresviertels unter Aufsicht der dem Baufache vorstehenden Verwalters die Brandspritzen probiren und untersuchen und jeder dafür eine Vergütung von 1 Livre jedesmal bekommen. Diese Kompagnie soll gehalten sein, bei entstehender Feuersbrunst auf dem Augenblick mit ihren Gesellen sich in das Grass zu verfügen, dorten die Leitern, Hacken, Feuerspritzen etc. abzuholen und sich damit an den Ort, wo es brennt zu begeben”.Nach der Beendigung der Befreiungskriege und der Übernahme der Verwaltung durch den preußischen Staate wurde der Verhütung und Bekämpfung von Feuersbrünsten besonderes Augenmerk geschenkt. Die Akten verzeichnen langwierige Verhandlungen zwischen dem Reg. Präsidenten in Aachen, dem Polizei-Direktor und dem Oberbürgermeister,die zu dem
Erlaß einer Feuerordnung für den Stadtbezirk Aachen vom 24.7.1830 führte und ist in 4 Titel unterteilt.
Titel I: Maßregeln zur Verhütung von Feuersgefahr
Titel II: Von den zur Löschung eines ausgebrochenen Feuers erforderlichen Mittel
Titel III: Von der Entdeckung und Bekanntmachung entstandener Feuersbrünste
Titel IV: Von den Mitteln zur Löschung ausgebrochener Feuersbrünste:
• Abt. I: Allgemeine Bestimmungen
• Abt. II: Errichtung eines Brandcorps
Die Feuerordnung ist trotz ihrer Inkraftsetzung seitens des Reg. Präsidenten niemals zur Anwendung gekommen. Die Bürgerschaft lehnte die Durchführung mit der Begründung ab, daß die Ordnung zu umfangreich sei und in ihr Angelegenheiten enthalten seien, die mit Feuerlöschen nichts zu tun hätten. Nach mehrjährigen Verhandlungen der beteiligten Stellen kam es dann zum Erlaß der Feuerordnung vom12. März 1836. Diese Feuerordnung brachte eine grundlegende Änderung in der Organisation des Feuerschutzes durch die Aufstellung eines Brandkorps in Form einer freiwilligen Feuerwehr. Es bestand aus 8 Kompanien, 1 Rettungs- und einer Handwerkerkompagnie. Die Feuerwehr wurde einem Brandkorps-Obersten unterstellt. Erster Oberst des Brandkorps war der damalige Bürgermeister Josef Tilmans, sein Vertreter wurde mit dem Titel Brandmajor Xavier Kuetgens. Am 20. März 1836 fand bereits die Verpflichtung des Brandcorps im Rathaus durch den damaligen Regierungspräsidenten, Grafen von Arnim, statt.
Über die Verpflichtungsfeier schreibt der Stadtarchivar Krämer in den Handschriften des Stadtarchivs Nr. 371 unter dem 20.3.1836 wie folgt:
“Am 2. März 1836 um 11 Uhr mittags wurde das Stadt Aachener Brandcorps von dem Reg. Chef-Präsidenten Herrn Grafen von Arnim auf dem großen Rathaus resp. Krönungssaal nach einer passenden an dasselbe gehaltene verpflichtet, feierlichst installiert und mit Instruktionen versehen.
Der Brandcorps-Oberst Herr Bürgermeister Tilmans erhielt den Handschlag von Herrn Grafen von Arnim und nahm solchen zur gleichmäßigen Verpflichtung entgegen von seinen Offizieren und dem ganzen übrigen Corpspersonal, welches durch vier Glieder einer jeden der 8 Compagnien repräsentiert war.
Nach dieser Feierlichkeit nahmen alle Anteil an einem von dem Herrn Chef-Präsidenten Grafen von Arnim gegebenen Mittagsmahl in der Präsidial Wohnung”.
Diese Feierstunde der Verpflichtung am 20. März 1836 kann man somit als den eigentlichen Gründungstag der Feuerwehr der Stadt Aachen ansehen. Es handelt sich um eine freiwillige Feuerwehr, da die Mitglieder sich freiwillig zum Dienst verpflichten und sie keinerlei Entschädigung für ihre Dienst-leistungen erhielten.
1840 übernahm Herr Kuetgens die Leitung der Feuerwehr als Oberst und von 1846 bis 8.1.1866 war Herr Dr. Hasenclever deren Führer.
Trotz der ausführlichen Bestimmungen der Feuerordnung von 1836, die im Jahr 1858 durch eine neue Ordnung ersetzt wurde, konnte die Feuerwehr in der bestehenden Form und mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ihre Aufgaben nicht so lösen, wie es von ihr erwartet worden war. Auch scheint es, nach den Akten zu schließen, daß sich nicht genügend Bürger zum Dienst bei der Feuerwehr zur Verfügung gestellt haben. Allmählich kam infolge des Fortschritts der Technik die Ausweitung der Industrie zu Großbetrieben in Gang. Den hierdurch bedingten erhöhten Brandgefahren war die Feuerwehr mit ihren geringen Möglichkeiten nicht gewachsen. Vor allen Dingen fehlte eine Möglichkeit, bei ausbrechenden Schadenfeuer die Feuerwehr rasch und mit ausreichenden Kräften zum Einsatz zu bringen.
Eine grundsätzliche Neugestaltung verdankt die Aachener Feuerwehr der Initiative des Tuchfabrikanten Emil Lochner, dem am 1. Februar 1866 das Kommando über die Freiwillige Feuerwehr übertragen wurde. In mehreren Druckschriften legte er seine Ideen für die Erreichung des gesteckten Zieles dar.
So nahm er in einer dieser Denkschriften vom 19.12.1866 nach einem stattgefundenen Brand in der Tuchfabrik Toenius, die infolge der fehlenden Möglichkeiten eines raschen Einsatz der Feuerlöschkräfte total abbrannte und 300 Personen brotlos machte,
zum Anlaß zu folgenden Forderungen:
1. Einrichtung eines Feuertelegraphen.
2. Einrichtung eines Wachposten (Wachstube mit Spritze) mit 12 Mann Bedienung, die ständig in Bereitschaft sein sollen.
3. Schaffung eines weiteren Zubringers.
4. Errichtung eines Übungshauses (Steigerturm) für Leiterübungen.
Im Stadttheater sollte als Abschluß des Bühnenhauses vom Zuschauerraum eine „eiserne Gardine“ angebracht werden.
Ein Grundprinzip war, möglichst alle Brände im Entstehen zu löschen. Hierzu stellte er 6 Haupterfordernisse auf:
1. Schnelles und genaues Bekanntwerden der Brandstelle
2. Möglichst schnelles Herbeieilen der Löschmannschaften
3. Eingeübte Bedienungsmannschaften
4. Gute, stets brauchbare Geräte
5. Ein einheitliches Kommando
6. Hinreichender Wasservorrat
Diese vorgesteckten Ziele wollte er erreichen durch:
a) Einteilung der Feuerwehr in 3 Kompagnien
b) Kasernierung des Personals
c) Gestellung eines Feuertelegraphen
d) Einführung einer ständigen Feuerwache.
Die ersten Forderungen
Den am 31. Oktober 1816 hierselbst ausgebrochenen Brand betreffend
Bey dem Trödler Vanberg in der Mistgasse N. 1132 hierselbst, wohnt der Schreiner Schneider, welcher auf dem Speicher des Vanbergischen Hauses eine Werkstätte angelegt hat. Schneider ließ am Abend des letzten Tages des gewichenen Monates eine brennende Lampe in seiner Werkstätte zurück. Diese zündete zuerst die am Boden liegenden Hobel-Späne, späterhin aber einige Lumpen, welche zur Verminderung des Luftzuges in einige Oeffnungen des Daches gesteckt waren, und so brach in letzterem gegen sieben Uhr Abends Feuer aus.
So gefahrvoll dieser Brand in Hinsicht einer großen Menge alter Kleidungsstücke und sonstigen alten Hausgeräthes, womit die ganze Stadt angefüllt ist, war, so beschwerlich auch wegen der Enge der letzten, das Löschgeräthe herbeigeschafft und in Thätigkeit gesetzt werden konnte, so wurde doch die Gefahr auf das schleunigste entfernt. Spritzen, Brandleitern, Eimer und Haken waren gleich nach dem Ausbruch des Feuers zur Stelle, und der gute Wille der hiesigen Bürgerschaft bewährte sich hier so wie immer; das Umgreifen der lodernden Flamme wurde durch alle möglichen Anstrengungen gehindert, das bereits angegriffene Dachfenster nicht einmal ganz einge-äschert, und binnen einer halben Stunde das Feuer vollkommen gelöscht.
Wenn sich gleich die gesamte Bürgerschaft thätig bewieß, so kann ich doch nicht unbemerkt lassen, daß in Hinsicht ihrer besonderen Anstrengungen und eines ganz ausgezeichneten Eifers, der jüngere Maus aus Jakobstraße, der jüngere Pumpenmacher Gierlings, der Bierbrauer Maus, der Landbaumeister Leydel und der Uhrmacher Debeffe, ein ganz vorzügliches Lob verdienen, um dessen löbliche Anerkennung ich gehorsamst bitten zu dürfen glaube.
Auch bey dem vorerwähnten Brande, konnte es dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen; wie nöthig eine zweckmäßig Feuer-Löschordnung, an welcher es hier ganz fehlt, ist. Ich habe diesen Mangel bereits in früherer Zeit mehrmals gerügt, und das Projekt zu einer Brandschutzordnung schon am 15. des vorigen Jahres der zur Prüfung derselben ausersehenen Kommission vorgelegt, von welcher mit Ihrer Zustimmung versehen, der Oberbehörde eingereicht worden ist - ist hierauf nichts verfügt worden, und das ich vermuthen muß, daß solcher nicht zur Einsicht einer hochlöblichen Regierung gekommen sey, so werd ich nicht ermangeln eine Abschrift derselben nächstens gehorsamst einzureichen.
Wenn bey einem ausbrechenden Brande es auch an allen möglichen Hülfsleistungen nicht fehlt, so kommt es doch alles auf die Ordnung an, womit solchen benutzt und geleitet werden. Fehlt es an einer solchen, so ist leider! wie bey manchem anderen Mangel der Legislation, die Polizei, oder vielmehr des Königlichen Offizienten, das unschuldige Spottblatt bitteren Witzes, oder absichtlich kränkenden Äußerungen.
So war es auch bey dem vorerwähnten Brande. Wenn dem Polizeibeamten bey seinen ruhigen Befehlen und Commandos, über die unverdienten Kränkungen, aus welcher Quelle sie auch immerhin fließen mögen, sich erhaben fühlt, so genießt er doch bey ein und solcher Gelegenheit nicht selten die nöthige Unterstützung seines amtlichen Ansehens, und der hilfeleistenden Bürger mit ihm die Anerkennung seiner Bereitwilligkeit. Ich habe im Vorbeigehen manche Äußerungen bey dem letzten Brande gehört, die dieser Behauptung zum Belege dienten. Den unberufenen betreffenden und tadelnden gibt es bey einer solchen Gelegenheit immer viele, und müßten diese, da sie demnach in der Regel müßige Zuschauer abgeben, entfernt bleiben, überhaupt jeder seinen angewiesenen Platz haben, und auf solchem die nöthige Hülfe leisten.Ich werde nicht verhalten, Eurer Königlichen Hochlöblichen Regierung binnen wenig Tagen über diesen Gegenstand meine unmaßgeblichen Ansichten gehorsamst einzureichen und bitte, den bisherigen Mangel einer zweckmäßigen Feuerlöschordnung, hochgefälligst abstellen zu wollen.
Der Aachener Stadtbrand vom 2. Mai 1656
Ein Augenzeugenbericht
Ueber den Aachener Brand von 1656 besitzen wir ziemlich genaue Nachrichten, insbesondere theilt Meyer in seinen "Aachensche Geschichten" einen höchst interessanten Brief mit, den ein Aachener Bürger, der nach Burtscheid geflüchtet war, von dort aus an einen Freund schrieb. Der Brief lautet:
"Ach mein Herr! Mir bricht das Herz, es sinkt der Muth, mir zittern die Hände, und wollen alle Kräfte entgehen: wenn ich mich unterstehe unsern elendesten Zustand in etwas zu entdecken; sintemal dieser Jammer so groß, daß eher Papier, Dinten und Feder ermangeln sollten, als dieser genugsam beschrieben werden könnte; berichte jedoch dem Herrn mit höchster Wehmuth, daß der von unsern vielfältigen Sünden erzürnte allgerechteste Gott nächstverlaufenen 2. May (damals, vor Verbesserung des Kalenders noch der 22. April) seinen schweren Zorn über unsere Stadt Aachen ergehen lassen; indem Morgens zwischen acht und neun Uhr auf St. Jacobs Straß nächst der Pforten eine Feuers-Brunst entstanden, die von einem starken Südwind nicht allein sehr zugenommen, sondern dergestalt in die Stadt einwärts getrieben, daß kein Löschen noch Wehren helfen wollen, und, ehe Abends neun Uhren, die halbe Stadt, so gegen Süden gelegen, in die Asche gelegt wurde, der Wind aber, so bald sich aus Norden gewandt, daß Feuer zurück in das andere Theil der Stadt grimmig geführet, so das Rathaus und schöne Münster (das von Kaiser Carolo Magno nebst einem schönen Pallast erbauet, der von den Nordmannen Anno 881 verbrannt, das Münster aber wegen der festen Steinen mit Feuer nicht beschädigen können) mehr unterschiedliche schöne Kirchen und Klöster samt dem ganzen Markt, Köllner-Straß groß und klein, und so weiter innerhalb 24 Stunden sieben achte Theil der Stadt (so über 2200 Häuser geschätzt wird) hinweggenommen, und zu einem elenden Stein-Haufen gemacht; daß also von der ganzen Stadt nicht wohl der achte Theil, ja nicht so viel stehen blieben, daß der Magistrat zusammen kommen könnte; wobey dann auch ich mein Wohnhaus, so neben dem Rathaus gelegen, Abends um 9 Uhr samt allen Mobilien, davon wir nicht ein Schnupf-Tuch, zu geschweigen was anderes weggebracht, schmerzlich verlassen, und in der Flamme aufgehen sehen müssen.
Ob ich nun wohl mit meinem Weib und Kindern zum Rosen-Bad geflohen, sind wir doch von dem wütenden Feuer allda kaum ein Viertelstund sicher gewesen, und von dannen nach dem Graben zu meinem Vetter gewichen, weil aber diese grausame Flamm auch dieses Orts angezündet, über eine halbe Stunde nicht bleiben können, sondern fort und Nachts um halb zwölf mit Weib und Kind zur Stadt hinaus wie Lotth aus Sodom gangen, und anhero auf Burtscheid die Flucht genommen, allwo ich mich noch aufhalte. Ach wie viele hundert Menschen liegen Tag und Nacht hinter den Hecken außer der Stadt, haben weder Kleider, Essen, noch etwas darzu; es sind auch gar viele Menschen und Viehe verbrunnen, viele in Kellern erstickt, viele von einfallenden Mauern erschlagen, dergleichen noch fast täglich geschiehet.
Es ist solche grausame Straf fast über alle ergangen, und sehr wenig dabey verschonet blieben; zu erbarmen ist es, daß durchgehends alle Freunde und Verwandte dergestalt betroffen, daß keiner dem andern die Hand bieten oder helfen kan; ach! ein Jammer, der nicht zu beschreiben, noch dergleichen in Schriften zu finden, kan es auch niemand glauben, der es nicht gesehen; deswegen dann viele tausend Menschen von sechs, acht und zehn Meilen Wegs unser Elend anzuschauen anhero kommen. Wo das Feuer auskommen, oder wie es seinen Anfang genommen, will niemand wissen; da es angegangen, sagt man, daß in zehn Jahren kein Feuer gewesen; etliche wollen sagen: sie hätten Feuer vom Himmel sehen fallen; ob dem so sey, stelle ich dahin.
Dieses ist wahr, daß alle Kirchen, auch Rathaus und hohe Häuser den Anfang zu brennen in den höchsten Spitzen genommen, und sind alle Gebäu bis in den Grund und Boden hinweg gebrannt, daß man nicht einige Häuser mehr findet, so noch das erste oder andere Stockwerk hätten, ja nicht eine einzige Mauer stehen blieben, deren man sich wieder bedienen könnte; sondern ist zumalen ein Stein-Hause, desgleichen ich mein lebtag in allen diesen Kriegs-Zeiten in so viel in Teutschland verbrannten Städten und Dörfern nicht gesehen".
Der Brand begann, wie dieser Brief sagt, auf der Jakobstraße und zwar wie ein anderer Bericht des Genaueren mittheilt, hat er seinen Anfang genommen in der zum "Kuckshause" genannten, in der Nähe der St. Jakobskirche gelegenen Wohnung eines Bäckers, der noch nicht erloschene Holzkohlen auf seinem Speicher ausgeschüttet hatte, wodurch das bei der übergroßen Hitze ausgetrocknete Holzwerk Feuer fing.
Da sich auch noch ein heftiger Wind erhob, so wurden die Funken wie Schneeflocken über die Jakobstraße und bald östlich über die Königstraße getragen.
Auch Templergraben und Pontstraße waren schnell vom Feuer ergriffen. Man hielt in der Bürgerschaft dafür, Brandstifter hätten dieses Unglück angezettelt, weßhalb viele Bürger die Häuser verließen und bewaffnet die geschlossene Stadt durchsuchten. Da plötzlich die Nachricht sich verbreitete, der mit Pulver gefüllte Thurm in der Eilfschornsteinstraße hätte Feuer gefangen, so liefen die Bürger zur Stadt hinaus.
Erst am folgenden Tage nahm der Brand ein Ende, da das Feuer keine Nahrung fand. Siebenzehn Personen hatten ihr Leben eingebüßt, zahllose waren verwundet worden. Die Thürme des Münsters waren verbrannt, das Rathhaus verlor sein ganzes Dachwerk und alle seine inneren Kostbarkeiten, und, was besonders bedauerlich war, seine Bibliothek und das Archiv.
Die Kirchen und Klöster der Dominikaner, Franziskaner, Augustiner, Kreuzherren, Jesuiten, die weißen Nonnen, das Gasthaus, der Ursuliner, Annuntialen, Poenitenten und Christenser wurden zerstört; erst bei dem Kirchendache von St. Anna wurde dem Feuer Einhalt gethan. Es sollen nach der geringsten Schätzung 2600, nach der höchsten 5612 Häuser in jenem Unglücksjahre abgebrannt sein.
Die so sehr abweichenden Zahlenangaben erklären sich dadurch, daß bei der einen Zählung nur die Wohnhäuser, bei der anderen dagegen auch alle Nebenbauten, Stallungen und dgl. mitgezählt worden sind.
Alsbald nach dem Brande begann neue Noth; da es naturgemäß an allem Nothwendigen fehlte, weil das Feuer Alles zerstört hatte. Die christliche Nächstenliebe zeigte sich aber bei dieser Gelegenheit in ihrem schönsten Lichte. An den drei nächsten Tagen nach dem Brande trafen vier Karren mit Brod und Käse beladen, von Mastricht und Lüttich ein; desgleichen ließ der Magistrat von Köln alsbald 200 Malter Roggen nach Aachen bringen. Aehnlich thaten andere Städte. Nachdem auf diese Weise der ärgsten Leibesnoth, dem Hunger vorgebeugt war, begann der Rath alsbald an den Wiederaufbau der Stadt zu denken.
Allen vom Brand Betroffenen wurden die Wacht und sonstigen städtischen Dienste erlassen; sodann wurde Holz aus den städtischen Waldung angewiesen; der Kaiser und die übrigen Fürsten und Herren des Reiches wurden um Hülfe angerufen. Die Spenden flossen nun reichlich von allen Seiten; auch vom Papste Alexander VII., der ehedem als päpstlicher Nuntius in Aachen gewohnt hatte, kamen 4000 römische Skudi an, eine Summe, die für die damalige Zeit als sehr bedeutend bezeichnet werden muß.