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Das Archivale des Monats November 2024 …

  • … zeigt die Vorderseite der ersten Ausgabe der „Neuen Zeitung“ vom 27. November 1944.
  • Das Blatt war ein erster Schritt hin zu einer künftigen demokratischen Öffentlichkeit, war aber selbst noch keine unabhängige und journalistisch arbeitende Zeitung im heutigen Sinne.
  • Aufmacher der ersten Nummer war ein Artikel über die Kriegslage mit der Überschrift „Straßburg wurde befreit“. Als Leitartikel findet sich eine Proklamation des Oberbefehlshabers der Alliierten Streitkräfte, Dwight D. Eisenhower, an die deutsche Zivilbevölkerung.

Das Aachener Stadtarchiv stellt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archivale des Monats vor. Das Stück mit einem kurzen Begleittext wird in einem Schaukasten im Foyer des Stadtarchivs am Reichsweg sowie digital auf der Homepage des Archivs präsentiert. Im November 2024 zeigt das Archivale des Monats die Vorderseite der ersten Ausgabe der „neuen Zeitung“ vom 27. November 1944.

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Quelle: Stadtarchiv Aachen, SLG 101-5013

Am 21. Oktober 1944 hatten die letzten in Aachen kämpfenden deutschen Truppen vor der US Army kapituliert. An die Stelle der deutschen Verwaltung trat die amerikanische Militärregierung, die schrittweise eine neue deutsche Zivilverwaltung einsetzte. Dabei legte sie Wert darauf, Nationalsozialisten von der Macht fernzuhalten. Der amerikanische Militärnachrichtendienst CIC überprüfte diejenigen Deutschen, denen Verantwortung übertragen werden sollte. Eine Abteilung der US-Armee für psychologische Kriegsführung analysierte die Mentalität der in Aachen verbliebenen Zivilist*innen und entwickelte Methoden, um die jahrelange Beeinflussung durch die NS-Propaganda zu durchbrechen und demokratische Werte zu vermitteln. Dabei betrachtete die US-Army Aachen sowohl als Teil eines Feindstaats, als auch als Laboratorium für eine demokratische Gesellschaft der Nachkriegszeit.

Als erste in dieser veränderten Situation etablierte Zeitung in Deutschland gelten die „Aachener Nachrichten“. Weniger bekannt ist, dass es einen Vorläufer gab.

„Die Neue Zeitung“

Vor dem Herbst 1944 waren in Aachen lediglich nationalsozialistische Zeitungen wie der „Westdeutsche Beobachter“ oder das „Politische Tageblatt“ verfügbar. Doch bereits gut fünf Wochen nach der Kapitulation erschien „Die Neue Zeitung“ mit dem Untertitel „Mitteilungsblatt der 12. Amerikanischen Armee-Gruppe für die deutsche Zivilbevölkerung“. Die Zeitung hatte einen Umfang von zwei Seiten und erschien wöchentlich. Ab Nummer 2 vom 4. Dezember 1944 entfiel der Titel „Die Neue Zeitung“. Der erste Teil des früheren Untertitels „Die Mitteilungen“ wurde zum neuen Haupttitel. In dieser Form erschien das Blatt mit neun Nummern und einer Sonderausgabe bis zum 22. Januar 1945.

Das Blatt war ein erster Schritt hin zu einer künftigen demokratischen Öffentlichkeit, war aber selbst noch keine unabhängige und journalistisch arbeitende Zeitung im heutigen Sinne. Ähnlich wie der Sender Radio Luxemburg war sie in erster Linie ein Medium unter der Kontrolle der Psychological Warfare Division der US-Armee. Allerdings war sie von Anfang an so gestaltet, dass sie eine künftige Presse vorwegnahm.

Artikel über die Kriegslage

Aufmacher der ersten Nummer war ein Artikel über die Kriegslage mit der Überschrift „Straßburg wurde befreit“. Mehrere kleinere Artikel informierten über den „Vorstoß auf Jülich“ und die Lage an anderen Kriegsschauplätzen. Als Leitartikel findet sich in der linken Spalte eine Proklamation des Oberbefehlshabers der Alliierten Streitkräfte, Dwight D. Eisenhower, an die deutsche Zivilbevölkerung. Darin stellt der General klar, dass seine Soldaten „als ein siegreiches Heer, aber nicht als Unterdrücker“ nach Deutschland kämen. Man werde „den Nationalsozialismus und den deutschen Militarismus vernichten, die Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei beseitigen, die NSDAP auflösen, sowie die grausamen harten und ungerechten Rechtssätze und Einrichtungen, die von der NSDAP geschaffen worden sind, aufheben.“ Führende Personen von Wehrmacht und NSDAP, Mitglieder der Gestapo und andere Verdächtige würden strafrechtlich belangt. Weiter unten wird Eisenhower mit einem Porträtfoto vorgestellt. Daneben sind unter der Überschrift „Mit dem Tode wird bestraft“ zwanzig Delikte aufgelistet. Eine Meldung zum Freispruch dreier Einwohner von Horbach durch ein Gericht der Alliierten Militärregierung sollte Vertrauen in die neue Justiz herstellen.

Aufmacher der Rückseite, die hier nicht dokumentiert ist, war eine Reportage über die Rettung der Bergwerke im Aachener Revier durch Arbeiter, die sich den Evakuierungs- und Zerstörungsbefehlen der Nazis widersetzten. Hinzu kommen ein Auszug aus einer Rede des US-Präsidenten Roosevelt, eine internationale Presseschau sowie die Rubriken „Unter den Nazis“, „Bisher verheimlicht“ und „Aus Stadt und Land“ – ein Lokalteil im Kleinen – und das Programm von Radio Luxemburg.

Drei Zeitungen in Aachen

Die Zeitung behielt diesen Aufbau bei und erweiterte ihn lediglich geringfügig, etwa durch den Abdruck kurzer Leserbriefe und eine Gerichtsrubrik mit dem programmatischen Titel „Streng, aber gerecht“. Als am 25. Januar 1945 die erste Nummer der „Aachener Nachrichten“ erschien, unterschied sie sich zunächst nur wenig von ihrem Vorläufer, baute jedoch die lokale Berichterstattung aus und verfügte über einen Sportteil. Ein Jahr später entschieden die alliierten Behörden, die „Aachener Nachrichten“ als eine von drei Zeitungen fortzuführen, die jeweils eine politische Strömung ihrer Zeit repräsentierten: als sozialdemokratische Zeitung weiterhin die „Aachener Nachrichten“, als christlich-demokratische die „Aachener Volkszeitung“ und als kommunistische die „Volksstimme“. Letztere erschien bis zum Verbot der KPD 1956. Die „Aachener Nachrichten“ wurden 2023 eingestellt. Die „Aachener Volkszeitung“ erscheint seit 1996 unter dem Titel „Aachener Zeitung“. Unter demselben Titel gab es von 1950 bis 1975 eine weitere Tageszeitung in Aachen.

09.12.2024